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Süddeutsche Zeitung, Münchner Sport
08.03.1999

Endlich wieder die Angel auswerfen

Bei Volleyball-Zweitligist Lohhof macht Abteilungsleiter Henry einer jungen Führungsriege Platz

Zuviel ist zuviel. Mit der linken Hand die Angel auswerfen, sich mit der rechten um den Volleyball kümmern, die Füße dabei in Skistiefeln, eine Dose mit Ködern im Anorak und ein paar Haken im Handschuh - nein, man kann nicht alles machen. Denn "wenn man alles machen will, kann man gar nichts". Also hat Klaus Henry seine Angel weggesperrt, seine Haken und die Skistiefel dazu. 1986 war er zum letzten Mal angeln am Unterschleißheimer See, das weiß der Abteilungsleiter Volleyball des SV Lohhof noch genau, weil er einer der Gründungsmitglieder des Angelsportvereins Unterschleißheim war, damals, als er auch noch Ski fuhr. Seitdem hat er sich ganz auf Volleyball konzentriert. Bis jetzt.

Klaus Henry, unter dessen Leitung die Lohhofer Volleyballer von der Regionalliga in die Zweite und für eine Saison in die Erste Bundesliga aufgestiegen waren, hört auf. Heute, auf der Jahreshauptversammlung, wird er sich nicht mehr zur Wahl stellen - eine Ära geht zu Ende.

Angefangen hatte sie in der Saison 1990/91. Im Jahr zuvor war Henry stellvertretender Leiter der Abteilung Volleyball in Lohhof geworden, mehr zufällig. Vater Henry begleitete seinen Sohn Oliver zu dessen Spielen, um "mal zu schauen, was mein Sohn am Wochenende so treibt". Schnell tauchte die Frage auf, ob Vater Henry nicht einmal mithelfen könne. Einige Zeit später wurde er zum stellvertretenden Abteilungsleiter gewählt, dann wurde er Leiter der Volleyballabteilung. "Ich bin ein bißchen reingerutscht in die Verantwortung", sagt Henry. Sein Ziel war klar: "Ich wollte einfach guten Volleyball in Lohhof. Und ich glaube, das habe ich auch erreicht." Darüber sind sich in Lohhof alle einig. Manager Uli Hampe lobt Henry als den Repräsentanten des Volleyballs im Ort, Trainer Berti Golf preist die guten Rahmenbedingungen, die Henry geschaffen habe. Die Zweitliga-Mannschaft wollte ihm vom Auswärtsspiel gegen den SVC Nordhausen als Abschiedsgeschenk einen Sieg mitbringen, verlor aber 1:3 (5:15, 15:4, 6:15, 9:15). Doch es gab auch Kritik: Der Abteilungsleiter habe sich vielleicht zu sehr mit der Ersten Mannschaft beschäftigt, neue Initiativkraft tue Not.

Die soll von Thomas Seeholzer kommen, dem bislang einzigen Kandidaten für das Amt des Abteilungsleiters. Der 32jährige, zehn Jahre lang Jugendwart, tritt mit einem Team junger Mitglieder an, die fast alle aus der Zweiten und Dritten Mannschaft kommen und "noch sehr jung sind", wie Seeholzer sagt: Das Durchschnittsalter liegt bei etwas über 20 Jahren. Das ficht den Kandidaten nicht an. "Wir kriegen das hin." Sein Ziel? "Die Kommunikation und das Zusammengehörigkeitsgefühl noch weiter verbessern." Er erklärt: "Es ist ein Problem der Identifikation mit der Ersten Mannschaft." Diese müsse "volksnäher" und der Vereinsvolleyball auf eine breitere Basis gestellt werden, was nicht heiße, daß Henrys Arbeit schlecht gewesen sei.

Henry selbst wünscht dem jungen Team, sollte es gewählt werden, alles Gute und äußert gleich seinen eigenen Wunsch: "Ich hoffe, daß sie das Volleyball- Niveau in Lohhof halten", sagt er, schließlich steckten darin viele Jahre Arbeit. Dann erzählt Henry, daß er vor drei Wochen eine Angelkarte gekauft hat und demnächst Skifahren will. "Ich freue mich, daß die Last der Verantwortung von mir fällt. An mir hingen immer viele Augen. Das ist jetzt alles weg - mir geht’s immer besser."

Roland Schulz